Alkohol und Drogen am Steuer


24.11.2020


Weitläufig besteht die Vorstellung, dass ein betrunkener oder sonst berauschter Fahrer eines Kraftfahrzeuges (Kfz) seinen Versicherungsschutz verliert.


Ist das zutreffend?

Vorerst bedarf es einer versicherungsrechtlichen Bestimmung, dass der Fahrer nicht betrunken oder unter dem Einfluss von Drogen Auto fahren darf. Eine gesetzliche Regelung findet sich, zumindest aus versicherungsrechtlicher Sicht, nicht. Allerdings besteht eine vertragliche Regelung hierzu:

In den Kfz-Haftpflichtversicherungsbedingungen findet sich hierzu eine Obliegenheiten, also Verhaltensvorschrift. Hierzu wird in den Haftpflichtbedingungen oft wie folgt ausgeführt:

„Das Fahrzeug darf nicht gefahren werden, wenn der Fahrer durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.“

Kurz: Betrunken oder unter Einfluss von Drogen darf ein Fahrzeug nicht gefahren werden, wenn ich nicht mehr zu sicheren Führung des Fahrzeuges in der Lage bin.

Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug im öffentlichen Verkehr oder auf einem Privatgelände gefahren wird. Es besteht also eine versicherungsrechtliche Regelung, dass der Fahrer nicht betrunken oder unter dem Einfluss von Drogen Auto fahren darf.


Wann bin ich nicht mehr in der Lage, das Fahrzeug sicher zu führen?

Bei einer absoluten Fahruntüchtigkeit (Blutalkohol von mindestens 1,1 Promille), aber auch bei relativer Fahruntüchtigkeit, also bei einem Blutalkohol von unter 1,1 Promille, wenn Umstände hinzukommen, die auf eine Fahruntüchtigkeit schließen lassen. Diese können beispielsweise in Fahrfehlern oder dem Verhalten des Fahrers liegen.

Bei der Einnahme von Drogen existieren keine Grenzwerte, so dass hier allein aufgrund der Indizien auf eine Fahruntüchtigkeit geschlossen werden kann.

Fährt man also bekifft oder betrunken Auto, verstößt man gegen eine vertragliche Obliegenheit aus der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung.


Was sind die Folgen?

Der vorsätzliche Verstoß gegen eine Obliegenheit führt grundsätzlich zur Leistungsfreiheit des Versicherers, vgl. § 28 VVG. In der Kfz-Haftpflichtversicherung besteht hier allerdings eine Besonderheit. Nach § 117 VVG bleibt der Versicherer gegenüber dem Geschädigten vollständig zur Leistung verpflichtet.

Beispiel:

T fährt nach einem feuchtfröhlichen Abend mit dem Fahrzeug nach Hause. Nach 6 großen Bier und 4 Schnäpsen ist ihm bewusst, dass er eigentlich nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen. Da er allerdings meint, den kurzen Weg im „Schlaf zu kennen“, setzt er sich dennoch hinter das Stauer. Auf dem Weg stößt T aufgrund eine trunkenheitsbedingten Fahrfehlers mit dem parkenden Fahrzeug des G zusammen. Dabei einsteht ein an dem Fahrzeug von G ein Schaden in Höhe von € 20.000,00.

Auch wenn T hier vorsätzlich eine Obliegenheit verletzt hat, bekommt G den Schaden in Höhe von € 20.000,00 von dem Haftpflichtversicherer von T (VR) ersetzt. Dies besagt § 117 VVG. Nun könnte VR auf die Idee kommen und den Schaden in Höhe von € 20.000,00 von T zurückverlangen, schließlich hat T ja die Obliegenheit vorsätzlich verletzt. T muss aber höchstens € 5.000,00 an VR zahlen. Warum?


Regress des Versicherers auf € 5.000,00 beschränkt.

Hier ist eine weiter Besonderheit in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zu beachten. Der Regress der Versicherung ist in der Kfz-Haftpflicht bei einer Verletzung dieser Obliegenheit auf höchstens € 5.000,00 beschränkt. Dies ergibt sich aus § 5 KfzPflVV.

Das bedeutet, dass auch der betrunkene Fahrer bei Verletzung einer Obliegenheit seinen Versicherungsschutz quasi behält. Der Geschädigte hat einen Anspruch in voller Höhe gegen den Versicherer. Der betrunkene Fahrer muss der Versicherung aber maximal € 5.000,00 erstatten.


Fazit:

Also auch wer betrunken oder unter Einfluss von Drogen Auto fährt, was grundsätzlich unterlassen werden sollte, verliert in der Kfz-Haftpflichtversicherung faktisch nicht seinen Versicherungsschutz, muss sich aber an dem Schaden in Höhe von maximal € 5.000,00 beteiligen.

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Jonathan zur Nieden

Rechtsanwalt Fachanwalt für Versicherungsrecht Anschrift: Große Theaterstraße 7 20354 Hamburg
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